Wer von klein auf regelmäßig zur Heiligen Messe gegangen ist, dem ist der Ritus der Kommunionverteilung wahrscheinlich in Fleisch und Blut übergegangen. Das gehört einfach in die Messe. Ein Gottesdienst ohne Kommunionempfang ist irgendwie unvollständig – so eine weit verbreitete Auffassung. Abgesehen davon, dass Paulus bei diesem Kommunionverständnis wahrscheinlich sämtliche Haare zu Berge gestanden wären – wer nicht weiß, was ich meine, ist eingeladen 1. Korinther 11,28f zu lesen – ist damit noch lange nicht klar, was überhaupt der Sinn der Kommunion ist.
Es ist ja ganz nett, dass jeder so eine kleine Hostie bekommt: Man spürt, dass man eine zusammengehörende Gemeinschaft ist. Man fühlt sich bestätigt und auch so ist gegen einen kleinen Snack doch nie etwas einzuwenden, oder? Sehr oberflächlich! Auf keinen Fall will ich damit jemandem, dem das befremdlich vorkommt, einen Vorwurf machen – in der Kirche wird einfach viel zu wenig darüber gesagt.
Kommunion kommt aus dem Lateinischen (von communio) und heißt „Gemeinschaft“; in diesem Zusammenhang die Gemeinschaft mit Christus. Wenn ich von Kommunion spreche, dann meine ich den „Leib Christi“, den wir in Gestalt einer kleinen weißen Hostie empfange. Weil die Kommunion heilig ist, d.h. etwas außergewöhnliches und letztlich göttliches, vor dem wir Ehrfurcht haben sollten, sprechen wir von der heiligen Kommunion.
Eucharistie kommt aus dem Griechischen (von eucharistia) und heißt „Danksagung“. Manchmal wird Eucharistie als Synonym für die Kommunion verwendet. Bsp.: „Ich empfange die Kommunion“ bzw. „ich empfange die Eucharistie“ bedeutet das gleiche. Eucharistie ist jedoch noch umfangreicher und auch ein Synonym für den zweiten Teil der Heiligen Messe.
Was bedeutet es überhaupt, wenn uns der Priester bei der Kommunionverteilung eine kleine weiße Hostie reicht und dazu „der Leib Christi“ sagt? Dies bedeutet, dass das, was wir dort empfangen, der Leib Christi ist. Ich versuche das so zu konkretisieren, dass es auch ein Nicht-Katholik verstehen könnte:
Die kleine weiße Hostie, die wir empfangen, sieht aus wie eine Hostie und schmeckt wie eine Hostie (einen Geruch konnte ich noch nie bemerken) – ist aber für uns mehr, viel mehr. An dieser Stelle eine wichtige Anmerkung: Wir Katholiken sind keine Hostien-Fetischisten, die in Hostien verliebt sind. Hostien sind an und für sich nichts besonderes. Aber nachdem der Priester in der Heiligen Messe die Wandlungsworte über die Hostien gesprochen hat, sind die Hostien letztlich keine Hostie mehr, sondern der Leib Christi. -> Die gewandelten Hostien sind mehr, als man auf den ersten Blick denken könnte. Worin besteht dieses „mehr“? Das „mehr“ besteht darin, dass in dieser Hostie Jesus wirklich (real) gegenwärtig (präsent) ist. Weil Katholiken Latein lieben – zumindest war das mal so – haben sie dafür den Ausdruck „Realpräsenz“ entworfen. -> Das „mehr“ in der Hostie ist Jesus Christus selbst, der in der gewandelten Hostie wirklich gegenwärtig ist.
Katholiken würden jetzt mit einem Achselzucken „selbstverständlich“ antworten, aber wirklich klar ist den meisten wohl trotzdem nicht, was damit gemeint ist. Um ganz ehrlich zu sein: Wirklich klar ist es niemandem, es übersteigt unsere Vorstellungskraft, weil es in der Natur nichts Vergleichbares gibt. Die Tatsache, dass es unseren Verstand übersteigt, legt nahe, dass die Kommunion etwas total Außergewöhnliches ist. Das heißt aber noch lange nicht, dass unser Glaube deshalb unvernünftig ist.
Wie können wir uns jetzt die Gegenwart Christi in der heiligen Kommunion annährend vorstellen? Ich möchte hierzu ein paar einfache Beispiele anführen und die Gegenwart Jesu damit vergleichen:
Das Bild/Abbild: Wer hat nicht Zuhause irgendwo ein Bild von seinen Eltern, Großeltern, Freunden oder anderen für einen wichtige Personen hängen? Wenn wir uns ein Foto anschauen, denken wir an diese Person und sie wird so in unseren Gedanken gegenwärtig. Manchmal, wenn mit dieser Person besondere Emotionen verbunden sind, schwingen diese dabei mit. Es löst etwas in mir aus. Dies ist auch bei der heiligen Kommunion der Fall. Wenn wir die Kommunion empfangen, sehen wir darin Jesus, wir denken an ihn, manchmal spüren wir auch seine Nähe. Zugleich ist Jesus aber noch viel mehr in der Kommunion präsent als auf einem Foto: Erinnern ist gut, aber noch nicht Alles.
Eine höhere Stufe als das Bild ist das Symbol: Wenn jemand seiner Freundin eine Rose schenkt, geht es in der Regel um mehr als nur das Geschenk der Blume. Damit verbunden ist eine symbolische Botschaft: „Ich habe Dich unglaublich gern“ oder „Ich liebe Dich“. Die Rose ist ein Symbol für die Liebe und indem ich eine Rose verschenke, drücke ich jemand damit meine Liebe aus. Ein Symbol hat eine Botschaft, die über sich selbst herausweist, im Falle der Rose ist das die Liebe. Auch die heilige Kommunion ist ein Symbol, ein Symbol für die Liebe Gottes zu uns, wie sie in Jesus sichtbar geworden ist.
Hier kommt unsere Sprache an eine Grenze: Die Eucharistie ist einerseits ein perfektes Abbild, andererseits auch Symbol der Liebe Gottes – und doch ist es mehr. Ein Symbol (wie die Rose) drückt etwas aus, was es selbst nicht ist – die Rose ist eine Rose, drückt aber Liebe aus. Das besondere an der heiligen Kommunion ist, dass sie nicht nur Jesus abbildet oder ihn symbolisiert: Es ist Jesus und Jesus lebt! Jesus ist nicht wie unser verstorbener Opa, dessen Bild bei uns zu Hause hängt, sondern er ist heute genauso lebendig, wie vor 2000 Jahren – auch wenn er heute nicht als Mensch durch unsere Straßen läuft. Wenn ich es in der Kommunion aber mit Jesus Christus zu tun habe, dann kann ich kaum von Bild oder Symbol sprechen, sondern dann bedeutet der Kommunionempfang eine Begegnung mit Christus. Wie nahe ich einem Menschen komme, zeigt, wie vertraut ich mit ihm bin. Fremde Leute begrüßen sich vielleicht durch Handschlag – zumindest solange nicht die Polizei danebensteht und 500 Euro Strafe dafür verlangt… Bekannte und Freunde umarmen sich nicht selten zum Gruß. Eheleute haben Sex miteinander und sind somit letztlich nicht nur aneinander, sondern ineinander – der größte körperliche Ausdruck von Liebe. Jesus will uns in der heiligen Kommunion nicht nur nahekommen, sondern er will in mich hinein, will in mir bei mir sein. Genau das tut Jesus, wenn wir den Leib Christi empfangen: Welch unglaubliches Geschenk einer so tiefen Liebe!
Diese Begegnung ist keinesfalls bloße Einbildung oder nur Emotion, sondern eine Wirklichkeit, auch wenn man diese nicht messen oder sehen kann – aber das ist bei Liebe ja auch nicht so anders. Vielleicht bist Du jetzt verwundert, weil Du noch nie den Eindruck hattest, beim Kommunionempfang Christus wirklich zu begegnen. Ich kann Dich verstehen, denn oft hat man beim Kommunionempfang nicht unbedingt das Gefühl, dass Jesus hier einem persönlich begegnet, aber: Gefühl ist nicht Alles. Unsere Sinne können sich täuschen und genau das ist bei der Kommunion der Fall. „Augen, Mund und Hände, täuschen sich in Dir“ lautet ein Vers eines schönen Liedes von Thomas von Aquin, der es treffend auf den Punkt bringt. Auch wenn Du es nicht spürst: Du begegnest wirklich Jesus. Wo das genau in der Bibel steht, erkläre ich in einem anderen Artikel (Leseempfehlung: Joh 6,51-57).
Man könnte jetzt provokant fragen: Was bringt mir diese Begegnung mit Jesus? Ich würde antworten: Etwas ähnliches, wie wenn Du Dich mit Deinem besten Freund triffst. Es ist schön, gibt Dir Kraft, Du kannst über Dinge reden, die Du auf dem Herzen hast, usw.. Wenn es Dein Freund ist, dann freust Du Dich ihm zu begegnen. Sofern Du Dich nicht wirklich für Jesus interessierst (das lässt sich ändern), dann brauchst Du auch die Kommunion nicht empfangen – sie wird Dir nichts geben können. Wenn Du die Kommunion empfängst, ist es so, dass einerseits auf jeden Fall Jesus zu Dir kommt – auch wenn Du Dich vielleicht mal schlecht fühlst –, andererseits hängt es von Dir ab, wie viel Du aus dieser Begegnung schöpfen kannst. Je mehr Du glaubst und liebst, desto mehr Kraft wirst Du daraus ziehen.
Das Wissen darum, dass ich in der Eucharistie wirklich Jesus begegnen kann, sowie die Kraft, die ich aus der Begegnung mit Jesus dort schöpfen kann, sind für mich die beiden Hauptgründe, warum ich die Kommunion so schätze und für so kostbar erachte. Zum Schluss möchte ich noch folgendes betonen: Die Kommunion kann man zwar bei jeder Heiligen Messe empfangen, jedoch darf das niemals dazu führen, darin etwas Selbstverständliches oder Banales zu sehen. In jeder Kommunion haben wir es mit dem heiligen Gott zu tun und sollten uns deshalb bemühen, stets mit Liebe, Ehrfurcht und Vorbereitung die Kommunion zu empfangen. So wie man sich schön macht, um seinen Freund oder seine Freundin zu daten, so sollten wir uns innerlich schön machen, um in der Kommunion Jesus zu empfangen.
(Autor: Willy Mauser, Kandidat für das Stift Heiligenkreuz, Theologiestudent der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI.)